DAS BESTE STECKT IM RAND
Von wertvollen Marken-Rändern und Bogen-Randdrucken bei deutschen Sammelgebieten.
Was haben die Briefmarken-Gebiete Deutschlands an Rand-Besonderheiten und Markt-Resultaten
zu bieten?
Mit Ausgaben Altdeutschland befasst sich Michael Burzan's Reihe "Das Beste steckt
im Rand", die in Fortsetzungen seit 2008 in der Zeitschrift "MICHEL-Rundschau" sowie
im Markt-Report "PhilaProfiT" erscheint.
Auf weitere Rand-Spezialitäten deutscher Sammelgebiete bis zur Gegenwart und ihre
Wertentwicklungen geht Michael Burzan in verschiedenen Beiträgen und Rubriken ein.
Versionen, die heute noch als unterschätzt gelten können und Preise bis weit über
Katalogwert erzielen, werden in die Aufstellung von unterbewerteten Sorten in "PhilaProfiT"
aufgenommen.
Informationen am Rande
Als im Mai 1840 in Großbritannien die ersten Briefmarken der Welt ausgegeben wurden,
hatte die Postverwaltung eine gute Idee. Sie ließ auf allen vier Rändern der Bogen
neben Informationen zum Preis einzelner Marken, kompletter Markenreihen und Bogen
auch eine Gebrauchsanweisung eindrucken: "Platzieren Sie den Aufkleber oberhalb der
Adresse auf der rechten Seite des Briefs. Vermeiden Sie es, beim Anfeuchten der Rückseite
den Kleber zu entfernen."
Auch die verschiedenen Postverwaltungen Deutschlands sorgten bereits bei früheren
Briefmarkenausgaben für unterschiedliche Formen von Randdrucken, die bei Sammlern
heute recht gesucht sind und oftmals enorme Wertsteigerungen erleben. Spezialisten
unterscheiden zum Beispiel Druckerzeichen und Druckvermerke, Form- und Plattennummern,
Bogen- und Reihenzähler oder Hausauftragsnummern.
Aber es sind nicht nur die bedruckten Ränder, die der heutige Markt mit beachtlichen
Preisaufschlägen bis zu vielen tausend Prozent honoriert. Auch unbedruckte Randstücke
und Bogenecken bringen teils enorme Preise, die weit über die üblichen Kalogbewertungen
hinausgehen.
So sind klassische geschnittene Briefmarken in guter Qualität mit allseits breiten
Rändern allgemein gesucht, da es sich um "Ausnahmestücke" handelt. Bei vielen Ausgaben
und Gebieten wurden die Marken innerhalb der Bogen eng nebeneinander gedruckt, und
nur selten gelang es am Postschalter, die Stücke gleichmäßig mit der Schere abzuschneiden,
ohne einem Markenbild zu nahe zu kommen.
Bei manchen Postverwaltungen war es sogar ausdrücklich unerwünscht, dass unbedruckte
Papierstücke aus größeren Markenrändern in Hände des Publikums kommen konnten, um
Fälschungen auf echtem Briefmarkenpapier zu verhindern.
Baden
Die ersten Briefmarken für das Großherzogtum Baden wurden sehr eng nebeneinander
gedruckt, mit Abständen zwischen einem und 1,5 Millimeter. Da brauchte der Postmeister
schon eine ruhige Hand, um mit der Schere genau die Mitte zu treffen! Daher sind
voll- oder gar breitrandige Luxus-Exemplare Seltenheiten. Der MICHEL-Spezial weist
in den Fußnoten darauf hin: "Die Preise gelten für Stücke, die an höchstens zwei
Seiten leicht berührt sind; allseits breitrandige Marken verdienen mindestens 100
% Aufschlag, allseitig angeschnittene mindestens 50 % Abschlag!"
Für Eckrandstücke und Paare mit Zwischenstegen gelten Liebhaberpreise. Dabei ist
anzumerken: Viele der erhalten gebliebenen Rand- und Eckrandstücke weisen nicht die
volle Originalbreite auf, sondern sind mehr oder weniger beschnitten. Dennoch sind
Spezialisten oftmals bereit, hohe Preisaufschläge dafür zu bezahlen, wie wir am Beispiel
einiger Auktionsstücke der letzten Monate zeigen können.
Die Erstauflage der badischen 3 Kreuzer-Marke in schwarz auf orangegelb, MiNr. 2
a, ist heute als gebrauchtes Normalstück 45 Euro wert. Ein Exemplar, beschrieben
als "sehr schön farbfrisch und allseits breit- bis überrandig mit 4-5 mm Bogenrand
oben und links", sauber entwertet durch roten Nummernstempel "121" SÄCKINGEN und
zarte Rötelstriche; bis auf wenigen Aufklebeknitter in tadelloser Erhaltung, bestätigt
durch Fotobefund Stegmüller BPP, erzielte einen Zuschlag von 220,- Euro, mit Aufgeld
rund sechsfachen Katalogwert !
Als günstigere Version steht Badens MiNr. 2 b gestempelt auf 20,- Euro. Mit 80,-
Euro schloss diese 3 Kreuzer auf gelb, voll- bis breitrandig aus der linken oberen
Bogenecke (3 : 5 mm) mit sauberer Nr. "57" auf Briefstück mit geringen Aufklebeknittern.
Die unteren Bogenecken brachten mit je 150,- Euro plus Aufgeld sogar rund zehnfachen
Katalogwert:
- MiNr. 2 b als voll- bis überrandige rechte untere Bogenecke mit 3,5 bzw. 5 mm breiten
Bogenrändern, zentrisch gestempelt, signiert H. Krause;
- MiNr. 2 b voll- bis überrandige linke untere Bogenecke mit 3 bzw. 6 mm Bogenrand,
mit klarer Nummer "101" OBERKIRCH auf Briefstück, ebenfalls signiert H. Krause.
Die günstigere Version der Nummer 1 zu einem Kreuzer wertet gestempelt 320,- Euro.
Mit 340,- Euro plus Aufgeld schloss Badens MiNr. 1 b zu 1 Kreuzer auf bräunlich,
rechts unten in der Randlinie leicht berührt, sonst als voll- bis überrandige linke
obere Bogenecke mit 12 bzw. 1,5 mm Bogenrand, sauber entwertet durch leicht aufgesetzte
Nummer "37" von ENDINGEN. Trotz geringer Aufklebeknitter und links oben winzigem
Randspalt außerhalb des Markenbildes ein sehr schönes Stück, attestiert durch Stegmüller
BPP. Mit Ausruf 1000,- Euro startete ein anderes Liebhaber-Exemplar als "allseits
breitrandiges, farbfrisches Luxusstück aus der rechten unteren Bogenecke auf Briefstück",
mit zentrischer Nummer "70" und Fotoattest Brettl BPP.
Zu den größten Raritäten Badens mit fünf- bis sechsstelligen Preisen zählen die so
genannten "Brücken", Paare mit unbedruckten Zwischenstegen. Bei MiNr. 2 und 3 sind
jedoch auch Einzelexemplare verzeichnet, die einen "Brückenansatz" aufweisen. Eine
solche MiNr. 2 b B auf hellgelbem Papier, links mit Zwischensteg und kleinem Teil
der Nachbarmarke und sauberem Nummernstempel "84" auf Briefstück versehen, erreichte
trotz Entfernung minimaler Fleckchen einen Zuschlag von 560,- Euro.
Aber nicht nur die Erstausgabe Badens erzielt mit ungewöhnlichen Rändern außergewöhnliche
Preise. So zog MiNr. 7 zu 6 Kreuzer schwarz auf rötlichgelb von 1854 als "allseits
breit- bis riesenrandiges Luxusstück mit Teilen von sechs Nachbarmarken", sauber
mit zwei Ringnummernstempeln von Pfullendorf versehen, mit Zuschlag 45,- über den
Standardpreis von 32,- Euro. Baden MiNr. 8 zu 3 Kreuzer auf blau von 1858, als Ausnahmestück
allseits überrandig, mit links 4/4,5 mm Bogenrand und Teilen aller Nachbarmarken;
signiert Georg Bühler und HK, erzielte 340,- Euro plus Aufgeld - als Normalstück
nur 40,- Euro wert!
Bayern
Die ersten Briefmarken Deutschlands wurden ab 1. November 1849 im Königreich Bayern
herausgegeben. Hier ließ man etwas mehr Abstand zwischen den Klischees und setzte
dazwischen feine Linien als Trennungshilfe ein, so dass gut gerandete Stücke leichter
zu finden sind. Die Marken des Bogens wurden zudem in Gruppen gedruckt, wobei Exemplare
mit doppelten Trennlinien und Zwischenstegen vorkommen.
Stücke mit erkennbaren doppelten Trennlinien sind gesucht und werden nach MICHEL-Spezial
mit Preisaufschlägen bis weit über 100 Prozent bedacht.
Am Beispiel der "Schwarzen Einser" Nummer 1 macht das derzeit aus:
- MiNr. 1 I a III * 3000,- / ** 4000,- / o 5000,- statt 1300,- / 1800,- / 2800,-;
- MiNr. 1 I b III * 6000,- / ** 9000,- / o 7500,- statt 3500,- / 5000,- / 4000,-;
- MiNr. 1 II a III o 12 000,- statt 2800,- Euro!
Doch auch für Eckrandstücke sind Preisaufschläge üblich. So brachte kürzlich Bayerns
MiNr. 8 I, 1 Kr. orangegelb im senkrechten Luxuspaar, allseits breit- bis überrandig
aus der rechten unteren Bogenecke mit sauberem Rahmenstempel "MÜNCHEN 14 MAI 1864",
signiert Brettl BPP, einen Zuschlag von 240,- (Normalstücke Michelwert 140,-), macht
mit Aufgeld mehr als doppelten Katalogwert. Zu teuer? Keineswegs!
Ab MiNr. 37, der Serie "Löwenwappen" in Mark und Pfennig, erscheinen erstmals so
genannte "Plattennummern" auf den Bogenrändern. Damit ließ sich die Herkunft von
Teilauflagen leichter zuordnen, um zum Beispiel Plattenfehler zu identifizieren.
Dazu findet man im MICHEL-Spezialkatalog einen Hinweis auf Extra-Bewertungen: ab
"Teil der 6. sowie grundsätzlich ab 7. Auflage weisen die Schalterbogen an allen
vier Ecken sowie oben und unten am Zwischensteg Plattennummern auf." Auf Brief gebraucht
sind solche Stücke besonders selten und verdienen nach MICHEL mindestens 200 Prozent
Aufschlag auf die Preise lose gestempelter Stücke. Nach unserer Einschätzung sind
diese Aufschläge noch längst nicht ausgereizt; solche Werte dürften in den kommenden
Jahren noch deutlich zulegen!
Unterbewertete Sorten ?
Beispiel-Bilanz für Randstücke
aus "PhilaProfiT" 2008-2009
Sammlerwelt / Das Beste steckt im Rand - Leseprobe.
Unterschätzte Randnummern?
Beispiel Bundesrepublik:
Posthorn 40 Pfennig
Erhebliche Wertsteigerungen zeichnen sich noch bei weiteren Ausgaben der Bundesrepublik
mit Randdrucken ab. So sind bei der 40 Pfennig-Marke der Posthornserie nach Michel-Spezialkatalog
2009 die Plattennummern 1 und 2 unverändert mit postfrisch 450, gestempelt 150 Euro
notiert. Der Philotax-Online-Katalog bewertet hier als Formnummern die kleine 1 unter
Feld 91 postfrisch mit 1000 Euro, die große 1 mit Fußstrich spiegelverkehrt an gleicher
Stelle zu 800; ebenso wie die normalstehende und die spiegelverkehrte 2 in Form von
postfrischen Bogenecken links unten.


Hannover
MiNr. 2 a, ungebrauchtes Randpaar mit Reihenzähler;
von 280,- auf 500,- Euro + RZ-Aufschlag 100 %;
= Zuwachs 440,- Euro
Kontrollrat
MiNr. 934 c, Ziffernmarke 1946 zu 75 Pfennig in lebhaftlilaultramarin, postfrische
Bogenecke, Plattendruck, Oberrand durchgezähnt,
von 350,- auf 900,- Euro,
= Zuwachs 550,- Euro
MiNr. 959, 1 Mark Friedenstaube 1947, postfrische Bogenecken mit Plattennummern,
von 30,- auf 100,- Euro,
= Zuwachs 550,- Euro
Berlin
aus MiNr. 1 bis 15, Schwarzaufdruck 1948 zu 2 bis 80 Pfennig, postfrische Einheiten
vom Unterrand mit Hausauftragsnummern,
ab 110,- bis auf 250,- Euro,
= Zuwachs bis 70,- Euro je
Bundesrepublik
MiNr. 123, Posthorn 2 Pfennig 1951, postfrisch mit Druckerzeichen,
von 220,- auf 300,- Euro,
= Zuwachs 80,- Euro
MiNr. 126, Posthorn 6 Pfennig 1951, gestempeltes Unterrand-Paar mit Hausauftragsnummer,
von 260,- auf 350,- Euro,
= Zuwachs 90,- Euro